Erlebnisbericht Biathlon Weltcup 2012 in Nove Mesto na Morave - Tschechien
In Oberhof ist es mir schon lange zu voll. In Ruhpolding auch. Hochfilzen und Antholz standen nie in meinem Focus. Ich fahr lieber wohin, wo es nicht so voll ist.Da Frankreich wegen Schneemangel nach Hochfilzen verschoben worden war, habe ich mich in dieser Saison für Nove Mesto in Tschechien entschieden. Ich erwartete einen ruhigen Weltcup mit wenigen Zuschauern. Doch es kam ganz anders.
Die Tschechen zauberten einen wunderbaren Weltcup hin. Warmherzig, emsig und hilfsbereit. Und die Zuschauerzahlen stiegen täglich, bis am Sonntag 18000 ins Stadion strömten. Neben den Einheimischen viele Deutsche, Russen und Norweger.
Anfangs war es noch etwas schwierig, das Festzelt zu erreichen. Dazu musste man erst mal raus, dann um das halbe Areal laufen. Doch schon am 3. Tag hatten die Organisatoren die Schwachstelle erkannt und einen direkten Zugang geschaffen, direkt vorbei an den Wachskabinen, und ab da wurde es auch voller im Zelt.
Das Highlight neben den Rennen war aber die Fressmeile unter einer der Tribünen. An die drei Dutzend Stände boten da eine Vielfalt an lokalen Köstlichkeiten, die einen fast hätten den Grund des Besuches vergessen lassen. Ich hab mich an den 5 Tagen redlich bemüht, durch alles durch zu kosten. Wunderbar!
Ich hatte zum ersten Mal nicht alles selber organsiert, sondern bei biathlontravel gebucht. So brauchte ich mich nicht um Unterkunft und Karten zu sorgen. Und da ich mit dem Zug anreiste, holte mich Mike am späten Mittwoch Vormittag vom Bahnhof ab.
Untergebracht hatte er mich und vielleicht 20 weitere Kunden in einer schnuckligen Pension in der Nähe von Rotkytno. Ein idyllischer Flecken oberhalb des Biathlon Areals. Auch hier die Wirtsleute sehr freundlich, das Essen und das Bier hervorragend. Der Wirt fuhr uns und die anderen bei ihm untergebrachten Biathlonfans täglich ins Skiareal oder in die Stadt. Und er holte uns natürlich auch wieder ab.
Am Mittwoch also ging es los mit dem Einzel der Damen. Obwohl ich wie alle eine Karte für die Tribüne direkt an der Ziellinie hatte, ging ich lieber an die Strecke. Ich mag das halt mehr. Erst das letzte Drittel des Wettkampfes habe ich mir dann von der schon am Mittwoch gut gefüllten Tribüne angesehen. Abends haben wir den Tag dann bei Knödeln und Bier in unserer Pension ausklingen lassen. Mit Magdalena Neuner auf dem 3. Platz waren auch alle zufrieden und es gab keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen.
Am Donnerstag das gleiche Spiel zum Einzel der Herren. Ich hab mich gefreut, dass Zdenek Vitek mit am Start war. Der ist schon so lange dabei und wurde von den Tschechen jedesmal besonders herzlich gefeiert. Überhaupt das Tschechische Publikum! Sehr fair feuerten sie alle Athleten an, so wie es ja auch sein sollte beim Biathlon. Und natürlich meine zwei neuen Lieblinge, der Russe Jewgenij Garanitschew und der US-Amerikaner Lowell Bailey, die ich beide noch vom IBU-Cup her kenne.
Im Festzelt hätten wir uns dann fast ein bisschen festgesessen und ich hatte Angst, dass wir es nicht mehr schaffen zur Siegerehrung. Aber Mike hat sich gekümmert und gewuselt und für genügend Mitfahrgelegenheiten organisiert, so dass wir alle pünktlich auf dem gut gefüllten Marktplatz in Nove Mesto standen. Eine richtig gute Tschechische Band sorgte da für Stimmung und als die ging, gingen auch drei Reihen Kreischis und „Schwupps“ stand ich vorn an der Bühne. Kamera im Anschlag. Nach den Siegerehrungen für die Rennen vom Mittwoch und Donnerstag zauberten die Veranstalter noch ein wunderbares Feuerwerk hin.
Nachdem ich am Donnerstag Vormittag schon ein bisschen durch den Wald gestapft war, wollte ich am Freitag gern den Ort besichtigen. Aber weil die Pension inzwischen voll war, hatte der Wirt ordentlich zu tun, alle seine Gäste ins Stadion zu bringen. So ging es dann etwas später als geplant mit Mike direkt ins Skiareal. Heute schien das Wetter richtig gut zu werden. Es lugte nämlich tatsächlich die Sonne raus. Dann schneite es. Dann schien wieder die Sonne. Und dann schneite es sich ein.
Nach dem üblichen Genuss der lokalen Küche stand ich an der Strecke und versuchte durch den Schnee hindurch einigermaßen brauchbare Bilder zu machen und dabei die Kamera zu schützen. Man hat‘s ja auch nicht leicht, so als Fan. Ich hatte inzwischen meinen Lieblingsplatz, auch auf der Tribüne. Doch im Stadion sah ich rein gar nichts. Und ich glaube, mich sah auch niemand mehr. Oder ich sah so aus wie alle anderen. Weiß eben. Total weiß.
Auf der Fahrt zurück in die Pension setzte sich das fort. Alles weiß. Einmal mussten wir gar anhalten, weil so gar nichts mehr zu erkennen war.
Am Samstag kam ich endlich zu meiner Stadtbesichtigung. Zusammen mit vier anderen ließ ich mich ins Zentrum fahren. Das ist recht hübsch, restauriert, freundlich, Tschechisch, aber auch sehr klein. So hatten wir in 15 min eigentlich alles gesehen und nutzten den Shuttleservice hoch zum Stadion. Der fährt allerdings nur bis zu einem Wendepunkt so 700m vor dem Eingang.
Als am Vormittag die Sonne mal raus lugte, hatten wir schon Hoffnungen..., aber auf dem Weg zum Stadion pfiff schon wieder ein fröhlicher Wind den Schnee über die Felder.
Es ist Samstag und das Areal ordentlich gefüllt. Etwas über 13000 Leute sollen da gewesen sein.
Auch das Festzelt war jetzt gut gefüllt. Auf dem Weg dahin trafen wir noch einen sehr entspannten Martin Fourcade und eine dahin eilende Andrea Henkel. Aber wie der Franzose nahm sich auch die Thüringerin Zeit für ein Foto mit uns.
Als dann beim Rennen der Amerikaner Russell Courier als Zweiter vom letzten Schießstand wegging, wurde er von allen über die Strecke gejubelt. Am Ende war er 6. und glücklich. Die Fourcade-Brüder gaben auf Platz 2 und 3 ein hübsches Bild ab und gewonnen hat, wie sollte es bei so einem Wetter auch anders sein, ein Russe. Aber ich mag die Russen ja.
Abends bei der Siegerehrung auf dem Marktplatz von Nove Mesto klappte das leider nicht noch mal so mit den Kreischis und ich hatte die ganze Zeit eine Französische Fahne vor der Nase. Trotzdem war es wieder schön. Vier Tage Biathlon können ganz schön anstrengend sein. Wir merkten das abends in der Pension, wo es im Gastraum verdächtig überschaubar blieb. Die Hälfte der Gäste hatte das Bedürfnis, sich auszuruhen.Am Sonntag dann zwei Rennen, die Verfolger. Und wieder keine Sonne. Zum Glück hatte ich schon vor dem Start Hunger, denn in der Pause war die Fressmeile vollgestopft mit Menschen. 18000 waren an diesem letzten Tag in der Arena. Das hab ich auch an der Strecke gemerkt, die zum Damenrennen zwar schon gut besucht, zum Herrenrennen dann aber richtig voll war. Auch auf den Tribünen ließ es sich irgendwie nicht mehr so locker hin und her hopsen. Von wegen wenig Zuschauer.
Ich warte an der Strecke ab, bis die Mädels alle einmal an mir vorbei sind, das dauert knapp 9 min, dann seh ich mir den Rest des Wettkampfes auf der Tribüne an. Neuner schießt auf die falschen Scheiben, Berger ist verwirrt. Ich auch. Dabei fällt heute gar nicht so viel Schnee.
In der Pause gab ich den Versuch, mich weiter durch die lokale Küche zu schlemmen, aus oben genannten Gründen auf.An der Strecke dauert es beim 2. Rennen dann grad mal 3 min bis alle Männer einmal an mir vorbei sind, dann geht’s wieder rauf zur Tribüne.
Bei den Jungs schießt niemand auf die falschen Scheiben. Aber wieso steht denn Peiffer jetzt auf Platz 2? Da gehört doch der Martin Fourcade hin? Und wieso dauert das mit der Siegerehrung so lange? Endlich erlöst mich der Stadionsprecher von meiner Verwirrung: Peiffer ist eine Strafrunde zu viel gelaufen, weil eine getroffene Scheibe stehen geblieben ist. Nun gibt’s Zeitgutschrift und mit der belegt er zusammen mit dem Franzosen den 2. Platz.
Und dann ist es vorbei.Das ging fast ein bisschen zu schnell. So schön wie’s hier war. Stimmungsvolle Wettkampftage und eine herzliche Atmosphäre, so würde ich Nove Mesto beschreiben. Ich habe eine Menge netter Leute kennengelernt und hatte viel Spaß. Wäre schön, wenn ich den einen oder anderen irgendwann wiedersehe. Beim Biathlon.
Gertje Edelmann- Reisegast